Wie die Industrie neue Wege geht
Es liegt zwar schon eine Weile zurück, so um die 30 Jahre: Aber können Sie sich noch daran erinnern, dass es früher auf Autobahnen ganz normal war, die Fahrzeuge auf der Gegenfahrbahn zu sehen? Es gab nur die Mittelleitplanke, ansonsten war der Blick frei. Die Leitplanken gibt es immer noch, doch heute sind sie zumeist dicht mit Büschen und Sträuchern bewachsen, so dass man auf der Gegenfahrbahn kaum noch etwas erkennen kann.
Der Anfang von „bleifrei“
Doch wieso ist das so und was hat sich geändert? Das Grün in der Mitte, links und rechts der Autobahnen fing an zu sprießen, als bleifreie Kraftstoffe die bleihaltigen nach und nach ablösten. Denn Blei ist ein exzellentes Biozid und war früher auch in Farben enthalten: Als Schutz vor Mikroorganismen, Moosen und Pilzen, die sich auf Oberflächen ansiedeln, wenn diese lange Feuchtigkeit oder nur wenig Tageslicht ausgesetzt waren. In den Kraftstoffen hat das Blei die Straßen samt Fußwegen und Beschilderungen „sauber“ gehalten, in Farben hat es vor Vermoosung und Veralgung geschützt. Glücklicherweise wurde Blei aus Kraftstoffen und Farben verbannt, schließlich zählt es zu den schlimmsten Umweltgiften schlechthin.
Die Folgen des Klimawandels
Die klimatischen Veränderungen der letzten 30 Jahre haben aber zu einem weiteren Problem geführt: Durch die feuchten und milden Winter und die schwül-warmen Sommer in Mitteleuropa gedeihen Moose und Pilze sehr viel besser als früher. Weil trockene, kalten Winter und heiße Hochsommer ausbleiben, finden Mikroorganismen beste Lebens- und Überlebensbedingungen vor. Eine echte Herausforderung im Bereich der Farbenwelt, denn vor über zehn Jahren wurden so genannte Biozide in Farben von der zuständigen EU-Kommission stark reglementiert. Diese Entscheidung war zwar richtig und die Farben sind dadurch insgesamt „gesünder“, das Problem des Vermoosens ist dadurch aber nur noch schlimmer geworden.
Nährboden in diffusionsoffenen Farben
Am anfälligsten sind Oberflächen, die entweder mit diffusionsoffenen oder reinen Bio-Farben gestrichen wurden. Diffusionsoffene Anstriche lassen Feuchtigkeit in beide Richtungen passieren, so dass eine höhere Feuchtigkeit sogar messbar ist. Weil aber Feuchtigkeit ein guter Nährboden für Mikroorganismen ist, enthalten diese Farben in aller Regel einen höheren Biozidanteil. Die Wirkung hält allerdings nicht lange, weil die schützenden Stoffe durch die Wasseraufnahme und -abgabe relativ schnell ausgespült werden. So bleibt es nicht aus, dass der Einsatz eines Moos- und Schimmelentferners immer wieder erforderlich wird.
Nicht mehr ganz Bio
Biofarben, wie etwa unsere reine Leinölfarbe, enthalten per Definition keine Biozide, weil sie häufig auch als Innenfarben und für Kinderspielzeug angeboten werden. Im Außenbereich führt das jedoch immer wieder zu Schwierigkeiten, weil sich Mikroorganismen auf Biofarben besonders wohl fühlen. Deshalb empfehlen wir den Zusatz von Zinkweiß. Dieses Zinkoxid gilt zwar auch als Gefahrenstoff und ist pur hautreizend. In einer Konzentration von fünf bis zehn Prozent lässt sich aber eine biozide Einstellung der Farbe für den Außenbereich erreichen. Nur ganz Bio ist sie dann nicht mehr…
Vorreiter für gesunde Alternativen
Die skandinavische Farbenindustrie war schon immer vorbildlich in Sachen Umwelt und ein Vorreiter für neue und gesunde Alternativen. So setzt man dort seit einigen Jahren vermehrt auf Mechanismen, die uns Mutter Natur zur Verfügung stellt und wählt zum Beispiel Bindemittel, die die Farboberflächen derart glatt machen, dass Moose darauf keinen Halt finden können. Der Silikonalkydfarbe Oden wurden zum Beispiel mineralische Stoffe (Silikate) beigemischt, die es Mikroorganismen sehr schwer machen, sich darauf anzusiedeln. Noch wirkungsvoller ist es bei der Emulsionsfarbe Titan V gelungen, deren Bindemittel eine mikroskopisch glatte Oberfläche wie ein Lotus-Blatt erzeugen. So konnte die Verwendung von Bioziden stark eingeschränkt und der Schutz vor Bewuchs gegenüber herkömmlichen Farben deutlich erhöht werden.
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