Vor- und Nachteile von offenen und filmbildenden Antrichen
Farben, Lacke und Lasuren sind nicht nur Gestaltungelement, sie dienen auch dem Schutz der zu beschichtenden Flächen. Entsprechend ihrer Zusammensetzung (Pigmente, Füllstoffe, Binde- und Lösemittel) weisen sie unterschiedliche Eigenschaften für verschiedenste Einsatzmöglichkeiten auf. Die Wahl des Anstrichmittels hängt also ganz entscheidend vom Einsatzgebiet und der Beanspruchung ab.
Filmbildende Anstriche haben immer einen Glanz
Grundsätzlich kann man sagen, dass die meisten geringfügig bis stark glänzenden Anstriche einen wasserabweisenden, vor Feuchtigkeit schützenden Oberflächenfilm bilden, der die gesamte zu streichende Oberfläche überzieht. Schaut man sich den Anstrich unter dem Mikroskop an, sieht man eine mehr oder weniger glatte Oberfläche, die das einfallende Licht entsprechend reflektiert, so dass ein mehr oder weniger wahrnehmbarer Glanz entsteht. Unser Chef, Ulf Feuerstein, vergleicht filmbildende Anstriche gerne mit Lackschuhen, auf denen der Regen abperlt und sich Schmutz nur sehr schlecht festsetzen kann.
Matte Farben sind das genaue Gegenteil
Ganz matte Farben sind das genaue Gegenteil – vergleichbar mit einem Wildlederschuh. Sie nehmen leichter Wasser auf und sind wesentlich schmutzempfindlicher. Unterm Mikroskop betrachtet, sehen solche Anstriche wie ein Gebirge mit tiefen Tälern und hohen Bergspitzen aus. Fällt das Licht auf eine solche Oberfläche, bricht es sich und entsprechend wird nichts reflektiert. Zudem sammeln sich in diesen mikroskopischen Gebirgen Feuchtigkeit und Schmutz, so dass matte Farben durchweg empfindlicher sind als Anstriche mit leichtem bis stärkerem Glanz.
Füllstoffe machen Farben matt
Matte Farben werden durch einen höheren Anteil an Füllstoffen in der Farbmasse erzeugt. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht zu den Bindemitteln, die sich in der Trocknungsphase miteinander und mit weiteren Trockenstoffen im Anstrich verbinden. Vergleicht man die Zusammensetzung mit einem Kuchenteig, bei dem das Ei das Bindemittel und das Mehl der Füllstoff ist, nimmt die Verbindung mit dem Ei bei zunehmendem Mehl ab, so dass der Kuchen immer trockener und brüchiger wird. Deshalb sind matte Farben nicht nur empfindlicher gegenüber Schmutz, Wasser und Kontakt (die Oberfläche wetzt ab und wird mit der Zeit „speckig“), sie halten – insbesondere im Außenbereich – auch deutlich kürzer, als Farbe mit leichtem Glanz. Beispiel: Ein matt gestrichener Fußboden ist sehr viel rascher abgelaufen, während ein glänzender Fußboden noch nach Jahren kaum Gebrauchsspuren aufweist.
Vorteile matter Anstriche
Aber auch matte Farben haben ihre Vorteile – und das hat weniger mit dem persönlichen Geschmack zu tun. Im Gegensatz zu filmbildenden Anstrichen – also jenen, die das Licht reflektieren und glänzen – blättern matte Farben nicht ab, sondern waschen eher aus. Anders als leichter bis stärker glänzende Farben, die einen zusammenhängenden Film bilden, liegt ein matter Anstrich quasi wie Lehm auf der Oberfläche. Weil es an der Bindung fehlt, kann er auch nicht reißen, sondern er trägt sich durch Kontakt oder Bewitterung nach und nach ab. Durch ihren hohen Anteil an Füllstoffen weisen matte Farben zumeist eine höhere Dichte auf, wodurch die Anstriche auch etwas dicker ausfallen. Dadurch finden sie zum Beispiel auf sägerauem Holz einen besseren Halt als auf glatten Oberflächen. Weil Feuchtigkeit aber nahezu ungehindert durch matte Anstriche in das Holz eindringen kann, kommt der Grundierung eine umso wichtigere Rolle zu, um Holzschäden zu vermeiden. Ausnahme: Wegen der enthaltenden gesundheitsgefährdenden Inhaltstoffe Eisensulfat und Kupferoxid, ist Schlammfarbe die einzige matte Farbe, die das Holz zuverlässig vor dem Eindringen von Feuchtigkeit schützt.
Übrigens: Auch bei filmbildenden Anstrichen gilt: Eine Grundierung ist in Abhängigkeit der Holz- bzw. Metallart, der Oberflächenstruktur und Farbart immer empfehlenswert, weil sie frühzeitiges Ablättern verhindert und Spannungen im Holz unterdrückt.
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